In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwoch hat Bürgermeister Thomas Kerkhoff zugegeben, dass es zum Ausbau der Gigasetgebäude zum neuen Rathaus-Standort keine Kostenschätzung gebe. Dafür nannte er einige Gründe und sagte zugleich, dass er dies genau untersuchen würde, sofern der Haupt- und Finanzausschuss oder die Stadtverordnetenversammlung ihn dazu beauftrage. Er sehe aber aktuell keine ausreichende Mehrheit dafür, so der Bürgermeister. Die Beantwortung erfolgte aufgrund einer Anfrage von Ratsfrau Bärbel Sauer von der Sozialen Liste Bocholt mit Blick auf das geplante Bürgerbegehren.
Der Hintergrund
Zum Hintergrund: Die von der Stadt Bocholt erworbenen Gigaset-Gebäude an der Kaiser-Wilhelm-Straße sollen zum neuen Rathaus-Standort werden. Dazu haben die Initiatoren Rainer Sauer, Birgit Schmitz und Georg Buß, die als Zuhörer an der Sitzung teilnahmen, ein Bürgerbegehren angemeldet mit der Abstimmungsfrage „Soll die Stadt die Gigasetgebäude zum neuen Rathaus-Standort ausbauen und dort die Fachbereiche und Organisationsbereiche unterbringen, die vor dem Umzug im Rathaus am Berliner Platz 1 waren?“
Gemeindeordnung schreibt Kostenschätzung zwingend vor
Die Stadt verweigert jedoch die dafür erforderliche Kostenschätzung, obwohl die Gemeindeordnung NRW dies zwingend vorschreibt. Denn in Paragraf 26 Abs. 2 heißt es: „(…) Die Verwaltung ist in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft ihren Bürgern bei der Einleitung eines Bürgerbegehrens behilflich. Sie teilt den Vertretungsberechtigten in Textform eine Einschätzung der mit der Durchführung der verlangten Maßnahme verbundenen Kosten (Kostenschätzung) mit. Die Kostenschätzung der Verwaltung ist bei der Sammlung der Unterschriften nach Absatz 4 anzugeben. Wenn die Kostenschätzung nach Satz 5 vorliegt, können die Vertretungsberechtigten nach Satz 2 beantragen zu entscheiden, ob das Bürgerbegehren mit Ausnahme der Voraussetzungen des Absatzes 4 zulässig ist. Der Antrag ist in der gemäß § 25 Absatz 4 vorgeschriebenen Form einschließlich der zur Entscheidung zu bringenden Frage, der Begründung sowie der anzugebenden Kostenschätzung vorzulegen und von den Vertretungsberechtigten sowie mindestens 25 Bürgern zu unterzeichnen. Über den Antrag hat der Rat innerhalb von acht Wochen zu entscheiden. (…).“
Rathaus am Berliner Platz ist nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens
Statt der Kostenschätzung für den Ausbau der Gigasetgebäude zum neuen Rathaus-Standort, haben die Initiatoren von der Stadt eine Kostenschätzung für die Rathaus-Sanierung erhalten. Im Bezug auf die Gigasetgebäude sind dort lediglich die geschätzten Kosten von 22.000 Euro für den Umzug des Bürgerbüros vom Neutorplatz zur Kaiser-Wilhelm-Straße aufgeführt. Es geht bei dem Bürgerbegehren jedoch nicht um das Rathaus am Berliner Platz, sondern um die Gigasetgebäude als neuer Rathaus-Standort. Was im Falle eines erfolgreichen Bürgerbegehrens aus dem Rathaus werden könnte, ist überhaupt nicht Gegenstand dieses Bürgerbegehrens. Es gibt zwar eine Idee darüber, was aus dem jetzigen Rathaus werden könnte – und die sieht so aus: Der Theatersaal im Rathaus bleibt erhalten. Außerdem könnte dort der in Bocholt fehlende Veranstaltungssaal entstehen. Auch das Stadtmuseum und Stadtarchiv könnten dort noch untergebracht werden. Dies ist aber nur eine Idee, nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens.
Fehlende Kostenschätzung verstößt gegen Gemeindeordnung NRW
Die Verweigerung des Bürgermeisters hat zur Folge, dass er damit gegen die Gemeindeordnung NRW und gegen geltendes Recht verstößt. Es bedarf für die Kostenschätzung auch keinen Beschluss der politischen Gremien, wie der Bürgermeister in der Sitzung behauptet hat. Wir werden uns nun auch mit Blick auf die Ratssitzung am 14. Februarintern beraten, wie wir damit umgehen. Denn ohne die erforderliche Kostenschätzung kann der Rat auch nicht über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens beschließen.