Merkwürdige und nicht faktenbasierte Vorprüfung

Die Bürgerinitiative „Stoppt das Millionengrab Bocholter Rathaus“ hat am Wochenende die von ihr geforderte Kostenschätzung erhalten. Die Initiatoren Rainer Sauer, Birgit Schmitz und Georg Buß zeigen sich allerdings überrascht über das fehlerhafte Schreiben des Bürgermeisters Thomas Kerkhoff, welches er auch selber unterschrieben hat. 

In einer Stellungnahme prangern sie Kerkhoffs Schreiben an:

„Der Inhalt ist völlig konfus und hat nichts mit dem Bürgerbegehren zu tun, was die Initiatoren anstreben. Die dort aufgeführte Kostenschätzung von rund 80 Millionen Euro bezieht sich ausschließlich auf die Rathaussanierung am Berliner Platz. Lediglich 22.000 Euro sind für den Umzug des Fachbereichs Öffentliche Ordnung vom Neutorplatz zur Kaiser-Wilhelm-Straße enthalten

Obwohl es nach den gesetzlichen Vorgaben in der jetzigen Phase nur um die Kostenschätzung geht, ist im Schreiben des Bürgermeisters eine juristische Bewertung des angestrebten Bürgerbegehrens enthalten. Hier wird dem Stadtrat bereits durch die Eigenmächtigkeit des Bürgermeisters etwas vorweggenommen. Denn eine rechtliche Vorprüfung über die Zulässigkeit und eine Entscheidung darüber durch den Stadtrat wäre im vorliegenden Fall nur möglich, wenn die Initiatoren dies beantragen würden. Ein dazu erforderliches Schreiben wurde aber nicht beim Bürgermeister oder dem Stadtrat eingereicht. 

Die Vorwegnahme der Vorprüfung durch den Bürgermeister soll offenbar Eindruck machen. Doch das macht es bei näheren hinsehen nicht. Denn die juristische Bewertung beruht auf einen Sachverhalt, den die Initiatoren so nicht formuliert haben und dem Bürgermeister somit auch nicht vorliegt. So wird ihnen im Schreiben mitgeteilt: „Wir sehen zudem insbesondere die von Ihnen formulierte Fragestellung als teilweise erledigt an, weil der Ankauf der Immobilien bereits beschlossen wurde und der überwiegende Teil der von Ihnen genannten Facheinheiten bereits an diesem Standort untergebracht ist.“ In der Fragestellung des Bürgerbegehrens geht es jedoch nicht um den „Ankauf“ der Gigaset-Immobilien. Denn in der Fragestellung des Bürgerbegehren heißt es: „Soll die Stadt die Gigaset-Gebäude zum neuen Rathaus-Standort ausbauen und dort die Fachbereiche und Organisationsbereiche unterbringen, die vor dem Umzug im Rathaus am Berliner Platz waren?“

Aufgeführt in der Fragestellung sind auch alle Fachbereiche, die vor dem Umzug im Jahr 2019 im Rathaus am Berliner Platz untergebracht waren. 

Auch der Hinweis im Schreiben, dass der überwiegende Teil der Facheinheiten bereits an diesem Standort untergebracht sei, ist ebenso irreführend, weil es darum geht, dass diese dauerhaft in den Gigaset-Gebäuden verbleiben sollen.

Ferner wird im Schreiben des Bürgermeisters darauf hingewiesen, dass für die Kreisnebenstelle der Kreis Borken zuständiger Entscheidungsträger sei und hieraus die Fragestellung einen unzulässigen Regelungsgegenstand enthält. Der Bürgermeister verkennt dabei, dass es lediglich darum geht, die Kreisnebenstelle weiterhin in den stadteigenen Räumen unterzubringen. Oder will der Bürgermeister die Kreisnebenstelle etwa ausgliedern?

Auch geht es beim Bürgerbegehren nicht wie im Schreiben behauptet, um das Rathaus-Gebäude am Berliner Platz 1, vielmehr und explizit um die Gigaset-Gebäude an der Kaiser-Wilhelm-Straße.

Die Frist für die Durchführung des Bürgerbegehrens ist daher auch nicht verstrichen, wie im Schreiben des Bürgermeisters behauptet wird. Dieses Bürgerbegehren bezieht sich nämlich nicht auf einen Ratsbeschluss. Es ist ein initiierendes Bürgerbegehren und somit auch nicht an eine Frist gebunden.

Ganz offensichtlich soll das Bürgerbegehren unter allen Umständen verhindert werden. So erklärt sich auch der Hinweis zum Schluss des Schreibens, wo die Initiatoren des Bürgerbegehren der Stadt mitteilen sollen, „ob sie ihren Antrag vor dem Hintergrund der vorgenommen juristischen Vorprüfung der Verwaltung aufrecht erhalten möchten.“

Der Bürgermeister hat für die Vorprüfung keinen Auftrag erhalten, weder von den Initiatoren noch vom Stadtrat. Auch der Gesetzgeber sieht eine Vorprüfung nur vor, wenn dies von den Initiatoren eines Bürgerbegehrens beantragt wird und der Stadtrat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden soll.

In der jetzigen Phase war es Aufgabe der Stadt und des Bürgermeisters den Initiatoren des Bürgerbegehrens lediglich die Kostenschätzung zu übermitteln.“ 

Jetzt Donnerstag, 14. Dezember, treffen sich die drei Initiatoren um die weiteren Schritte zu beraten. Es ist davon auszugehen, dass sie den Vorgang beim Stadtrat zur Entscheidung einreichen werden.

Zum Hintergrund und zur Begründung des Bürgerbegehrens: „Im März 2018 wurde beschlossen, das denkmalgeschützte Rathaus mit Kulturzentrum zu sanieren. Seither sind die Kosten von 37,6 Millionen Euro auf heute mehr als 78 Millionen Euro gestiegen. Die Fachbereiche mit ihren Beschäftigten sind zurzeit u.a. in dem ehemaligen Gigaset-Gebäude an der Kaiser- Wilhelm-Straße untergebracht. Die Fertigstellung des Rathauses sollte im Jahr 2024 erfolgen, nunmehr im Jahr 2025. Das Architekturbüro Paul Böhm geht gar vom Jahr 2027 aus. Aufgrund der schleppenden Baumaßnahmen scheint ein noch späterer Zeitpunkt realistischer zu sein. Dieser Wahnsinn muss beendet werden! Eine sinnvolle Lösung muss her. Daher halten wir es für erforderlich, die bislang als Ausweichquartier genutzte und den jetzt beschlossenen Kauf der Gigaset-Gebäude zum Hauptsitz der Stadtverwaltung Bocholt zu entwickeln und zweckmäßig auszubauen. Dieser Standort hat sich als echte Alternative für die Verwaltung erwiesen. Sodann könnten hier alle Fachbereiche und Organisationsbereiche der städtischen Verwaltung untergebracht werden, die vorher im Rathaus am Berliner Platz untergebracht waren. Unser Steuergeld würde an diesem Ort sinnvoll eingesetzt werden.

Das Rathaus am Berliner Platz würde so deutlich weniger Geld für die Sanierung verschlingen.“

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